Negativzinsen

Was bedeuten die viel diskutierten „Negativzinsen“ für mich als Kreditnehmer (und als Anleger)

Der Term „Negativzinsen“ bzw auch umgangssprachlich „Strafzinsen“ genannt, geistert seit geraumer Zeit in den Medien herum und sorgt gehörig für Aufsehen unter Sparern. Sehen wir uns zunächst einmal an was dies aus technischer Sicht bedeutet. Wirtschaftlich gesehen sind es Minuszinsen, die auf Sparguthaben erhoben werden können und vom Gläubiger (d.h. dem Schuldner) gezahlt werden müssen oder vor der Rückzahlung des Guthabens abgezogen werden.

Der Schritt von Negativzinsen wurde erstmals durch die Schweizer Nationalbank gewagt. Der Grund dafür ist der starke Franken, da er als sicherer Hafen angesehen wird. Durch die enorme Geldspritze der EZB (im jüngst beschlossenen Programm werden bis September 2016 1140 Milliarden Euro in Form von eines Anleihekaufprogramms in den Markt gepumpt) flüchten die Investoren vermehrt in sichere Häfen wie den Franken. Negativzinsen sollten die Währung unattraktiver machen und so Investoren abschrecken. Negativzinsen haben aber auch weitere negative Auswirkungen denn sie sorgen insgesamt für eine Fehlverteilung und eine Inflation von Vermögenswerten wie zum Beispiel Immobilien. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, festzustellen, dass es tendenziell durch das einhergehend niedrige Zinsumfeld zu einer defacto Umverteilung von Sparern zu Schuldnern kommt. Was kurzfristig für den Kreditnehmer positiv erscheint (man bedenke jedoch die vorhin angesprochene Inflation der Vermögenswerte) ist für den Sparer – insbesonders den langfristig denkendenen – eine massive Gefährdung seiner Altersvorsorge.

Praktisch werden klassische Formen der langfristigen Veranlagung aufgrund dieser Entwicklungen, wie sie auch in den Pensionsfunds vorkommen, nicht einmal mehr von den Banken angeboten. Dazu zählen etwa Staatsobligationen oder Rentenpapiere die praktisch überhaupt keine Rendite mehr erzielen. Negativzinsen bedeuten aber auch, dass Anleger sogar bezahlen müssen, dass sie ihr Geld jemanden „leihen“. Die Folge ist eine massive Umverteilung von Vermögenswerten die vor allem die langfristig orientierten Anleger unter Zugzwang bringen, allen voran Pensionskassen. Die Folge sind tendenziell (künstlich) aufgeblähte Finanzmärkte (Aktien, Immobilien). Pensionskassen stehen daher unter Druck, die Deckung ihrer Verpflichtungen nötigen Renditen zu erzielen. Die Folge ist auch hier, dass grössere Risiken eingegangen werden müssen! Dies wird insbesondere die Nachfrage nach Immobilien und Aktien weiter beschleunigen! Solange sich die Preise weiterhin Richtung Norden bewegen, werden wir keine negativen Auswirkungen zu spüren bekommen, sollte es aber zu einem Aktiencrash kommen werden vermutlich schnell viele Pensionskassen eine Sanierung benötigen. Dieser Artikel soll jetzt keine dahingehende Beurteilung verfolgen, doch das enorme quasi aus dem nichts geschaffene Geld der globalen Zentralbanken hat ja bereits einen enormen Aktien- und Immobilienboom ausgelöst der sich über mehrere Jahre vollstreckt. Es werden bereits Dividendentitel wie etwa die „Allianz“ als die neuen Obligations- oder Rentenpapiere bezeichnet, jedoch wird vergessen, dass der Kurs der Aktie naturgemäß auch starken Schwankungen unterworfen ist.

Weitere negative Aspekte von Negativzinsen

Ein weiterer negativer Aspekt von Negativzinsen sind Fehlinvestitionen, die von Firmen alleinig aufgrund des billigen Geldes getätigt wurden. Als ein jüngstes Beispiel kann der Öl und Gassektor gesehen werden. Durch das günstige Geld wurden die Kapazitäten massiv erweitert und z.B. Bohrinseln gebaut die jetzt dank des verbilligten Ölpreises nicht mehr ausgelastet sind. Allerdings ist das Kapital zurückzuzahlen und es sind (wenn auch gering) Zinsen zu bedienen und das bei massiv geringeren Cash Flows.

Wir haben beim status quo defacto unsere Möglichkeit verloren, mit geringem Risiko eine solide Altersvorsorge aufzubauen. Der sogenannte Zinseszinseffekt wird durch die derzeitigen Marktbedingungen aber völlig ausgeschaltet, was verhindet, dass Zuwächse aus Zinserträgen mit jeder neuen Zinsperiode immer grösser werden. Dies war bisher eine wichtige Säule bei der Vermögensbildung.

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